† 30. August 2002, Berlin
eigentlicher Name: Horst Otto Grigori Gubanov
Der zweite Sohn des russischen Landarbeiters Gregor Gubanov und seiner Frau Auguste, geborene Klempnow, wuchs bei der Schwester der Mutter, Minna, und deren Mann Fritz Wendlandt auf, die ihn 1944 adoptierten und deren Namen er annahm. 1928 zog die Familie nach Berlin, wo Wendlandt 1939 an der Höheren Handelsschule seine Abschlussprüfung machte. Durch den Filmfachmann Johannes Ratsam kam Wendlandt zum Film; er brachte ihn bei der Tobis Filmkunst unter und förderte ihn bis zum Examen als Filmkaufmann. Von 1941 bis 1944 war Wendlandt Kassierer in den Tobis-Ateliers in Johannisthal.
1944 musste er seinen Wehrdienst antreten und diente bei einem Fliegerersatzbataillon in Fürth. Er geriet im von Frankreich besetzten Saargebiet in zweijährige Kriegsgefangenschaft und musste im Kohlebergwerk Merlebach arbeiten.
1948 konnte er bei Peter Pewas' Reportfilm wieder Fuß fassen und wurde von 1950 bis 1952 Filmgeschäftsführer bei Carl Froelich. 1952 bis 1954 war er Produktionsleiter bei der Central Europa Film von Waldemar Franck, danach Produktionschef bei der CCC-Film von Artur Brauner. Hier war er u.a. für die Caterina-Valente-Filme verantwortlich. Weiterhin entstanden unter seiner Produktions- bzw. Herstellungsleitung Filme mit Maria Schell, Luise Ulrich, Hardy Krüger, Johanna von Koczian, O.W. Fischer, Senta Berger, Heidi Brühl, Sabine Sinjen, Lilli Palmer, Karin Baal und Peter Alexander.
Ende 1960 wurde Wendlandt zunächst zum Produktionschef des von dem Dänen Preben Philipsen übernommenen Verleihs Prisma Film berufen. Nach Ausscheiden von Helmut Beck war Wendlandt für 29 Edgar-Wallace-Filme verantwortlich - die längste und erfolgreichste Kriminalfilmserie, die je in Deutschland für das Kino gedreht wurde. Hierfür erhielt Wendlandt 1968 eine Goldene Leinwand.
1965 gründete Wendlandt (wieder gemeinsam mit Preben Philipsen) die Rialto Filmkunst, die 1967 in Tobis Filmkunst umbenannt und im Oktober 1971 für die Auswertung der Chaplin-Filme aktiviert wurde; sie diente ihm als Filmverleih. Bis 1972 stellte Wendlandt mit der Rialto Film neben Karl May und Edgar Wallace auch Filme anderer Genres im Auftrag der Constantin Film her. Darüber hinaus produzierte Wendlandt in den 1960er Jahren auch für andere Verleiher Filme (so zum Beispiel für Gloria Film, Nora Filmverleih, Inter Filmverleih und United Artists). Ende 1971 gelang Wendlandt ein großer Coup: Nachdem er sich jahrelang um die Wiederaufführungsrechte der Chaplin-Filme bemüht hatte, konnte er alle Konkurrenten überbieten; 1972 startete die Tobis Filmkunst mit der Wiederaufführung von Chaplins "Moderne Zeiten".
Der sensationelle Erfolg gab Wendlandts Prognose recht, daß diese Filme noch immer ihr Publikum finden würden. 1972 startete mit der Rialto-Co-Produktion "Keine Welt für Kinder" der erste Nicht-Chaplin-Film. 1973 ging der Erfolg der Firma mit weiteren Chaplin-Wiederaufführungen und vier anderen Filmen weiter, die jeweils für über 3 Millionen Besucher mit der Goldenen Leinwand ausgezeichnet wurden ("Zwei Himmelhunde auf dem Weg zur Hölle", "Das große Fressen", "Mein Name ist Nobody" und "Der große Blonde mit dem schwarzen Schuh"). Als Produzent realisierte Wendlandt in den 1970er bis 1990er Jahren mit der Rialto Film höchst erfolgreiche Filmserien mit Otto (1985 bis 2000) und Loriot ("Ödipussi", 1988; "Papa Ante Portas", 1990 / 1991). Anfang 2000 verkaufte Wendlandt seine Anteile an der Tobis Filmkunst an die französische Firma Studio Canal+.
Seit 1950 war Horst Wendlandt mit Ilsegard, geborene Winter, verheiratet; zwei Kinder (Matthias und Susan). Mit über 40 Goldenen Leinwänden (je zur Hälfte als Produzent und als Verleiher) gilt Horst Wendlandt neben Artur Brauner als erfolgreichster deutscher Produzent der Nachkriegszeit. Auch als Verleiher zählt er neben Ilse Kubaschewski (Gloria Film), Herbert Tischendorf (Herzog Film) und Waldfried M. Barthel (Constantin Film) zu den Ausnahmeerscheinungen.
Weitere Auszeichnungen: zwei Filmbänder in Gold, sechs Bambis, sechs Goldene Tickets (Österreich), Chevalier de l'Ordre des Arts et des Lettres (Frankreich), Cavalliere della Repubblica (Italien), Bundesfilmpreis für Verdienste um den deutschen Film (1996), Goldene Kamera für Verdienste in der Filmindustrie (2000), BZ-Kulturpreis für 50 Jahre kulturelles Schaffen (2001), Berlinale Kamera (2002)
Gastautor: Joachim Kramp
Der Text wurde mit freundlicher Genehmigung des Autors seinem Buch "Das Edgar Wallace Lexikon" (Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag GmbH, Berlin 2004) entnommen und leicht überarbeitet.
Filmografie
Produzent der Lümmel- und Paukerfilme
Weitere Arbeiten für Film und Fernsehen
1956: Der erste Frühlingstag; Du bist Musik; Liebe; 1957: Wie ein Sturmwind; Die Unschuld vom Lande; Kindermädchen für Papa gesucht; Das einfache Mädchen; Die Frühreifen; 1958: Gestehen Sie, Dr. Corda!; Petersburger Nächte; Ihr 106. Geburtstag; Wehe, wenn sie losgelassen; Ohne Mutter geht es nicht; 1959: Hier bin ich - hier bleib' ich; Was eine Frau im Frühling träumt; Peter schießt den Vogel ab; La Paloma; Du bist wunderbar; Alt Heidelberg
1960: Die Herrin der Welt - Teil 1; Scheidungsgrund: Liebe; Edgar Wallace - Der grüne Bogenschütze; 1961: Und sowas nennt sich Leben; Edgar Wallace - Die toten Augen von London; Edgar Wallace - Das Geheimnis der gelben Narzissen; Edgar Wallace - Der Fälscher von London; Unser Haus in Kamerun; Edgar Wallace - Das Rätsel der roten Orchidee; 1962: Edgar Wallace - Die Tür mit den 7 Schlössern; Edgar Wallace - Das Gasthaus an der Themse; Ich bin auch nur eine Frau; Der Schatz im Silbersee; 1963: Edgar Wallace - Der Zinker; Edgar Wallace - Der schwarze Abt; Edgar Wallace - Das indische Tuch; Winnetou - 1. Teil; Edgar Wallace - Zimmer 13; 1964: Wartezimmer zum Jenseits; Edgar Wallace - Der Hexer; Winnetou - 2. Teil; Unter Geiern; Edgar Wallace - Das Verrätertor; 1965: Edgar Wallace - Neues vom Hexer; Der Ölprinz; Winnetou - 3. Teil; Old Surehand; Edgar Wallace - Der unheimliche Mönch; 1966: Winnetou und das Halbblut Apanatschi; Edgar Wallace - Der Bucklige von Soho; Winnetou und sein Freund Old Firehand; Edgar Wallace - Das Geheimnis der weißen Nonne; 1967: Das älteste Gewerbe der Welt; Edgar Wallace - Die blaue Hand; Edgar Wallace - Der Mönch mit der Peitsche; Edgar Wallace - Der Hund von Blackwood Castle; 1968: Edgar Wallace - Im Banne des Unheimlichen; Van de Velde: Die vollkommene Ehe; Edgar Wallace - Der Gorilla von Soho; Edgar Wallace - Der Mann mit dem Glasauge; 1969: Dr. med. Fabian - Lachen ist die beste Medizin; Edgar Wallace - Das Gesicht im Dunkeln; Van de Velde: Das Leben zu zweit - Sexualität in der Ehe; Der Kerl liebt mich - und das soll ich glauben?
1970: Mir hat es immer Spaß gemacht; Die Herren mit der weißen Weste; Was ist denn bloß mit Willi los?; 1971: Hurra, wir sind wieder Junggesellen; Edgar Wallace - Die Tote aus der Themse; Bleib sauber, Liebling; Unser Willi ist der beste; Edgar Wallace - Das Geheimnis der grünen Stecknadel; Edgar Wallace - Das Rätsel des silbernen Halbmonds; 1972: Willi wird das Kind schon schaukeln; Hauptsache Ferien; 1977: Das Schlangenei; 1978: Eine einfache Geschichte
1980: Aus dem Leben der Marionetten; 1981: Eine Faust geht nach Westen; Lola; 1982: Das As der Asse; 1985: Otto - Der Film; 1986: Momo; 1987: Otto - Der neue Film; 1988: Ödipussi; 1989: Otto - Der Außerfriesische
1991: Pappa ante Portas; 1992: Otto - Der Liebesfilm; 1993: Kein Pardon; 1998: Edgar Wallace - Das Haus der toten Augen; Edgar Wallace - Die vier Gerechten; Edgar Wallace - Das Schloss des Grauens; Edgar Wallace - Die unheimlichen Briefe; Edgar Wallace - Whiteface; Ein tödliches Verhältnis; 1999: Die Handschrift des Mörders
2000: Otto - Der Katastrophenfilm
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