Freitag, 9. Dezember 2011

Pepe, der Paukerschreck


Die Lümmel von der ersten Bank, Teil 3

Die Lehrkräfte des Mommsen-Gymnasiums sind ratlos. Die ehrwürdige Tradition der Schule scheint den Lümmeln der Klasse 11a, und an ihrer Spitze Pepe Nietnagel, völlig "schnuppe" zu sein. Ihre tolldreisten Streiche nehmen im gleichen Maße zu, wie ihre schulischen Leistungen nachlassen. Rektor und Lehrkörper sind sich einig: Es muss etwas geschehen! Oberstudiendirektor Taft schmuggelt seinen Neffen Ewald in die aufrührerische Klasse, um rechtzeitig neue An- und Übergriffe abwehren zu können. Doch so leicht ist Pepe und seinen Freunden nicht beizukommen. Ihre nächsten Aktionen, generalstabsmäßig vorbereitet, treffen voll ins Schwarze.
In seiner Verzweiflung wendet sich Taft an das Kultusministerium und bittet schriftlich um einen "harten" Spezialisten für diese renitente Klasse. Aber Pepe und seine Kumpanen fangen den Brief ab und bitten fernmündlich beim Kultusministerium um einen sanftmütigen Lehrer für die 11a.
Und schon plant der nimmermüde Pepe einen neuen Streich. Diesmal schlägt er gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Durch den geschickt vorgetäuschten Fund einer historischen Vase versetzt er Oberstudiendirektor Taft in kunsteuphorische Stimmung und veranlasst ihn, die Klasse auf eine kunsthistorische Reise zu schicken. Dadurch wird Schwester Marion auch vorübergehend von ihrem Freund Heinz Thomas getrennt, und dieser kann sich in aller Ruhe Gedanken darüber machen, wie er sich Vater Nietnagel als Schwiegersohn empfehlen kann. Die Reise wird ein voller Erfolg und Doktor Glücklich, so heißt der neue "Sanfte", ein echter Freund von Pepe und seinen Spießgesellen.
Als Pepes Machenschaften durch den Neffen Ewald enthüllt werden sollen - der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht! - landet er seinen letzten, raffiniertesten Coup. Durch die Einfädelung einer geschickten, den Klassenlehrer kompromittierenden Komödie bringt er den Haupt-Mitwisser zum Schweigen. Vater Nietnagel befreundet sich mit Heinz, dem Schwiegersohn in spe, und Dr. Glücklich, der sanfte Pädagoge, darf Lehrer in der 11a bleiben. Die Lümmel von der ersten Bank haben wieder einmal auf der ganzen Linie gesiegt.

Die Streiche

Der Auto-Streich
Dr. Knörz hat sich gerade ein neues Auto gekauft und fährt mit diesem unvorsichtigerweise in die Schule. Als er nach verrichteter Arbeit das Schulgebäude wieder verlässt, traut er seinen Augen nicht: Dort, wo er sein Fahrzeug geparkt hatte, steht nun ein Wagen der Bundespost. In Wahrheit handelt es sich aber um Knörz' eigenes Auto, das die Lümmel mit gelber Wasserfarbe angesprüht haben. Knörz läuft zur Polizei und erstattet Anzeige. Als er mit dem Polizisten schließlich wieder zurück zum Tatort kommt, steht da wieder sein Wagen - in echtem Flaschengrün! Der Polizist geht genervt wieder auf die Wache zurück, nicht ohne von Bloch darauf hingewiesen zu werden, dass Studienrat Knörz oft an Halluzinationen leidet.

Der Sport-Streich
Mit einem gefälschten Schreiben des Kultusministeriums Baden-Württemberg ordnen Pepe und Marion Nietnagel mehr Sportunterricht für Schüler und Lehrer an. Im folgenden ist die Körperertüchtigung des Lehrkörpers zu sehen.

Der Lachgas-Streich
Pepe und Marion montieren ein Kabel an Knörz' Notenpult, an dem er während der Hundertjahrfeier die erste Geige spielen wird. Während er spielt, dreht Marion die an dem anderen Ende des Kabels befindliche Apparatur auf, die Lachgas abgibt. Knörz muss nun unweigerlich anfangen zu lachen und steckt den ganzen Festsaal mit an.

Der Feuer-Streich
Währenddessen verteilt Pepe mit seinen Freunden Rauchpulver überall im Mommsen-Gymnasium. Sie zünden es an - und prompt ruft Bloch die Feuerwehr. Tatsächlich rückt diese an und setzt mit ihren Wasserwerfern das ganze Schulgebäude unter Wasser. Am nächsten Tag verkündet ein Zettel: Aufgrund der beträchtlichen Wasserschäden bleibt das Gymnasium eine Woche lang geschlossen.

Der Vasen-Streich
Pepe schwatzt seinem Vater eine kostbare antike Vase ab und gibt vor, sie in einem Graben bei den Bauarbeiten auf dem Schulhof gefunden zu haben. Direktor Taft, der eine besondere Vorliebe für derlei Dinge hat, springt sofort auf den Köder an und lässt die Schüler auf dem Hof nach weiteren antiken Überbleibseln buddeln. Als Pepe ihm eine Kölnisch-Wasser-Flasche unter dem Vorwand, ein römisches Balsamarium ausgegraben zu haben, übergibt, lässt Taft kurzerhand einen ganzen Flügel des Gymnasiums evakuieren und schickt die Schüler auf Studienreise. Währenddessen hofft er, zu beweisen, dass die Schule auf den Gewölben einer altrömischen Tempelanlage steht.

Der Perücken-Streich
In der Jugendherberge, in die die Klasse 11a fährt, schlafen Jungen und Mädchen generell in getrennten Räumen. Als Nietnagel sich nachts eine Langhaarperücke aufsetzt, hält Knörz ihn für eine Frau und stellt ihn zur Rede - mit peinlichen Folgen...

Der Schlafzimmer-Streich
Marion und ihre Freundinnen heften an Fräulein Dr. Pollhagens Schlafzimmertür ein Schild mit der Aufschrift "00". Als Knörz ein dringendes Bedürfnis verspürt, tritt er in dieses Zimmer und muss verschämt den Irrtum entdecken. Fräulein Dr. Pollhagen hingegen hält sein "dringendes Bedürfnis" für anderweitig und ist völlig aufgelöst, weil sie glaubt, Dr. Knörz habe ihr endlich seine Liebe offenbart.

Das uneheliche Kind
Studienrat Knörz hat auf der Studienfahrt voller Übermut von seiner französischen Kriegsbekanntschaft Geneviève Morot erzählt. Dies wird ihm nun zum Verhängnis: Da er Kenntnis von einer brisanten Sache hat, darf er nach der Studienreise auf keinen Fall wieder am Gymnasium unterrichten bzw. mit Direktor Taft sprechen. Deshalb schicken die Lümmel Geneviève Ponelle als „uneheliche Tochter von Knörz und Madame Morot“ zu Knörz. Ihre Mutter sei vor kurzem gestorben und nun habe sie nur noch ihn, Knörz, ihren Vater. Sie möchte bei ihm einziehen. Für Knörz ist das alles zu viel und er muss sich erst einmal krank melden. Das Problem ist fürs erste gelöst.

Der Hausaufgaben-Streich
Dieser Dialog zwischen Pepe Nietnagel und Studienrätin Pollhagen sagt alles: Nietnagel: „Kann man für etwas bestraft werden, was man gar nicht gemacht hat?“ – Pollhagen: „Niemals! Auf gar keinen Fall!“ – Nietnagel: „Ich hab’ meine Hausaufgabe nicht gemacht!“

Der Papierkorb-Streich
Als Direktor Taft in die Klasse kommt, explodiert direkt hinter ihm der Papierkorb. Auf die erzürnte Frage, wer das gewesen sei, meldet sich sein Neffe und Musterschüler Ewald und sagt: „Ich, Onkel. Ich wollt’ nicht länger abseits stehen!“

Filmkritik

Platte mit Filmmusik. Rechte beim Label.
Offensichtlich hatte man aus dem eher mäßigen "Zum Teufel mit der Penne" die Erkenntnis gewonnen, dass man sich wieder auf die alten Stärken des Pilotfilms besinnen sollte. Denn mit "Pepe, der Paukerschreck" meldet sich der titelgebende Held frischer, frecher und witziger zurück als je zuvor!

Diesmal geht es den Lümmeln darum, möglichst effektiv die Lehrer von ihrer eigentlichen Berufung, dem Unterrichten, abzuhalten, damit auch garantiert keine Möglichkeit besteht, dass irgendjemand das Klassenziel nicht erreicht. Und so fädelt Pepe alles Notwendige ein, um Oberstudiendirektor Taft dazu zu bewegen, seine Klasse auf eine Studienfahrt zu schicken. Mit an "Bord": der neue Lehrer der Klasse 11a: Dr. Glücklich, verkörpert von Hans Clarin. Dass es überhaupt so weit kommt, dass Dr. Glücklich den Unterricht der 11a übernehmen "darf" ist Pepe zu verdanken.

Die "Lümmel von der ersten Bank"-Reihe entwickelte sich mit diesem Teil nun vollends zu einem Schaulaufen für die bekanntesten deutschen Film- und Fernsehstars. Nachdem Willy Millowitsch bereits im zweiten Teil die Ehre zuteil wurde, Pepes Vater zu mimen, sind nun mit Gustav Knuth (Kurt Nietnagel), Hans Clarin (Dr. Glücklich) und Harald Juhnke (Blaumeier) drei weitere Größen des deutschen Films in die Riege der Stars aufgenommen worden, die ihrer Filmographie einen Auftritt in einem "Lümmel"-Film hinzufügen dürfen. Wo Juhnke jedoch nur einen recht kurzen, aber doch amüsanten Auftritt als Chemielehrer Blaumeier hat, punktet Hans Clarin in seiner größer angelegten Rolle als wundervoll zartfühlender Dr. Glücklich. Er und vor allen Dingen der stärkere Fokus auf den wunderbaren Studienrat Dr. Knörz machen das Salz in der Suppe von "Die Lümmel von der ersten Bank, Teil 3" aus. Rudolf Schündler blüht in seiner Rolle als "Knörzerich" hier so richtig auf, da macht es Spaß, dem gealterten, mitunter etwas melancholischen Studienrat zuzuschauen und zuzuhören. Umso mehr erfreut es schließlich auch, wenn sich dann in Dr. Knörz und Studienrätin Pollhagen das wohl schönste Liebespaar des deutschen Kinos der 1960er Jahre findet.

Die Streiche, die in erster Linie der "Titelheld" ausheckt, wirken ebenfalls bedeutend frischer und frecher als es noch in Teil 2 der Fall war: Pepes gefälschter Aufruf des Ministeriums an die Lehrer, mehr Sport zu treiben; das "antike" Fundstück, das schließlich Auslöser der Klassenfahrt der 11a wird; oder die plötzlichen Vaterfreuden des Dr. Knörz... Diese und einige Streiche mehr sorgen dafür, dass bei "Pepe, der Paukerschreck" nie Langeweile aufkommt.

Und nicht nur der humoristische Aspekt dürfte jene, die von "Zum Teufel mit der Penne" enttäuscht waren, wieder versöhnlich stimmen: auch bei den Charakteren wurde wieder einiges "gerade gerückt": Uschi Glas spielt wieder Pepes Schwester, Hannelore Elsner rückt wieder in ihre ursprüngliche Rolle der Geneviève Ponelle und Familie Nietnagel heißt auch endlich wieder Familie Nietnagel! Nur eines wird wohl als unkonstante Konstante diese Reihe auf ewig begleiten: die Rolle des Kurt Nietnagel findet in Film 3 nun schon die dritte Besetzung...

Wir wechseln die Pauker wie Heinrich der Achte die Frauen...
Hätte Pepe es so ausgedrückt:
Wir wechseln die Pauker wie die Familie Nietnagel die Familienoberhäupter...,
hätte sich auch niemand beschweren können - der Wahrheit hätte es auf jeden Fall entsprochen! Doch auch trotz dieses minimalen Schönheitsfehlers in dieser Filmreihe behaupte ich einfach einmal
frisch, fromm, fröhlich, frei,
dass "Pepe, der Paukerschreck" der beste Teil der Reihe ist. Die mehr oder weniger tiefgründige Intention, die "Die Lümmel von der ersten Bank" noch mit sich trug, lässt der dritte "Lümmel"-Film zwar vermissen, dafür punktet er aber auf einem Sektor, auf dem in "Zum Teufel mit der Penne" geschlampt wurde: dem charmanten, klamaukigen Humor.

Gastautor: Michael Olk

Cast und Crew

Einweg-Werbematerial.
Rechte bei Constantin Film /
Euro Video.
Regie: Dr. Harald Reinl. Regie-Assistenz: Charles M. Wakefield. Drehbuch: Georg Laforet (d.i. Franz Seitz). Kamera: Franz X. Lederle. Kamera-Assistenz: Karl Huber. Bauten: Arne Flekstad. Ton: Paul Schöler. Kostüme: Eva Gall-Hillinger. Masken: Josef Coesfeld, Mathilde Kulhanek. Schnitt: Gisela Haller. Musik: Rolf Wilhelm. Das Titellied "Pepe, der Paukerschreck" von Heinz Gietz, Kurt Hertha, gesungen von den "Lümmeln von der ersten Bank", erschienen auf Cornet-Schallplatten. Aufnahmeleitung: Franz Achter. Produktionsleitung: Rudolf Wischert, Georg Föcking. Drehzeit: 05. März bis 17. April 1969. Atelier: Inning am Ammersee. Außenaufnahmen: Baden Baden, München und Umgebung. Produktionsfirma: Franz Seitz, München und Terra Filmkunst GmbH, Berlin. Produzent: Franz Seitz. Erstverleih: Constantin-Film, München. Weltvertrieb: Export Bischoff & Co. GmbH, München. Länge: 2611 Meter. Filmdauer bei Kinoprojektion (24 Einzelbilder pro Sekunde): 95 Minuten. Filmdauer bei Fernsehprojektion (25 Einzelbilder pro Sekunde): 91 Minuten. Format: 35 mm; Farbe (Eastmancolor), 1:1.66. FSK: 1802. Juni 1969; 40858; 6 nff. Uraufführung (Premiere): 27. Juni 1969, Westerland / Sylt. Uraufführung (Massenstart): 27. Juni 1969.

Die Personen und ihre Darsteller:
Direktor Taft: Theo Lingen. Pepe Nietnagel: Hansi Kraus. Marion Nietnagel: Uschi Glas. Geneviève Ponelle: Hannelore Elsner. Kurt Nietnagel: Gustav Knuth. Frau Nietnagel: Carola Höhn. Studienrat Dr. Glücklich: Hans Clarin. Studienrat Knörz: Rudolf Schündler. Studienrat Blaumeier: Harald Juhnke. Studienrätin Pollhagen: Ruth Stephan. Pedell Bloch: Hans Terofal (d.i. Hans Seitz). Heinz Thomas: Gerhart Lippert. Ministerialdirektor: Walter Rilla. Lydia Meier: Michaela May. Barbara Forster: Yvonne ten Hoff. Schlözer: Werner Am Rhein. Ewald Kunst: Pierre Franck. Munck: Michael von Harbach. In weiteren Rollen: Jutta Speidel u.v.a.

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